Andacht aus dem aktuellen Gemeindebrief

Liebe Seele, du hast einen großen

Vorrat für viele Jahre;

iss, trink und habe guten Mut!

Diese Nacht wird man deine Seele

von dir fordern;

und wem wird dann gehören, was du

angehäuft hast?

Evangelium nach Lukas 12, 19 – 20

 

 

Am ersten Sonntag im Oktober feiern wir das Erntedankfest. An der Mittelmosel ist ihm bereits das große Weinfest vorausgegangen. In diesen Wochen denken wir dankbar an die Ernten, die Güter, die uns gegeben sind, daran, dass wir leben konnten.


Wir danken für Gesundheit und Lebenskraft, für alles, was das Leben möglich und schön macht.


Der Text, den wir üblicherweise zu diesen Festen bedenken, ist das Gleichnis vom reichen Kornbauern, aus dem die beiden obigen Sätze entnommen sind. Ein Bauer hat so gute Ernte eingefahren, dass seine Scheunen die Vorräte nicht fassen können. Er reißt sie ab und baut größere Scheunen. Dann lässt er die Beine baumeln und sagt diesen Satz, um den man ihn ja eigentlich beneiden könnte: Essen, Trinken und guten Mutes sein. Das ist doch ein erstrebenswerter Zustand. Für die Zukunft ausgesorgt zu haben durch viele Vorräte, ist doch etwas, wonach wir streben.

Was hat er eigentlich falsch gemacht? Joseph hat in Ägypten ähnliche Ratschläge gegeben und stieg wegen seiner Klugheit zur rechten Hand des Pharaos auf.


Zu erleben, dass wir uns nicht mehr abstrampeln müssen, ist doch etwas, was wir alle wollen. Und genug Vorräte zu haben, lässt uns beruhigt schlafen. Und doch gilt er als der Mensch, der alles falsch gemacht hat, und wird als Narr bezeichnet.


Was war eigentlich sein Fehler? Er hat sich darauf verlassen, dass ihm nichts passieren kann! Denn alle irdischen Sicherheiten sind trügerische Sicherheiten. Sie haben ihren guten Sinn, aber angesichts der Ewigkeit, wenn die Seele von einem gefordert ist, schmelzen sie dahin wie Schnee in der Sonne.

Wir brauchen eine stabile Währung, gute Versicherungen, sichere Renten, eine kluge Friedenspolitik. Ja, das ist alles wichtig. Aber es kann im Leben manches anders kommen, als es geplant ist. Ich bin im Ruhrgebiet u. a. mit dem Satz groß geworden: Die Kohle ist sicher. Und dann änderten sich die Verhältnisse drastisch.


Es geht darum, die guten Dinge im Leben anzunehmen, sich darüber dankbar zu freuen, ja, auch dann mal die Seele baumeln zu lassen, aber Gott nicht zu vergessen, und Ihn nicht nur nicht zu vergessen, sondern Ihn an erster Stelle stehen zu lassen. Guter Segen für unser Leben ist nicht selbstverständlich.

Wenn wir das alles bedenken und so in erster Linie in unseren Festen Gott die Ehre geben, dann sind wir auf einem guten Weg. Und dann können wir froh, dankbar und heiter die Weinfeste und das Erntedankfest begehen.

Ich wünsche Ihnen einen behüteten Spätsommer und einen gesegneten Monat Oktober


Pastor Michael Lütkemeier